Am 9. November jährte sich zum 83. Mal die Reichspogromnacht von 1938. Im Zuge dessen wurden hunderte Menschen jüdischen Glaubens aus Osnabrück inhaftiert und in verschiedene Konzentrationslager deportiert, die Synagoge, einst eines der schönsten Bauwerke der Stadt, von den Nationalsozialisten zerstört. Grund genug für die 10. Klassen der Alexanderschule, sich auf Spurensuche in Osnabrück zu begeben.
Bereits in der Vergangenheit haben sich Schülergruppen der Alexanderschule Jahr für Jahr in der Zeit um den 9. November herum im Rahmen eines Rundgangs durch die Stadt auf Spurensuche begeben und dabei insbesondere einen Schwerpunkt auf die in Osnabrück an vielen Stellen eingelassenen Stolpersteine gelegt. „Stolpersteine“ sind zehnmal zehn Zentimeter große Betonwürfel, die mit einer beschrifteten Messingplatte versehen sind. Auf der Platte eingraviert sind der Name, das Geburts- und Todesdatum eines Menschen, der während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in der Zeit von 1933 bis 1945 ermordet wurde. Die Steine werden vor den Häusern verlegt, in denen jene Menschen zuletzt freiwillig gelebt oder gearbeitet haben.
So findet das Gedenken nicht weitab an Mahnmalen, Gedenkstätten oder zu festgelegten Tagen statt, sondern in der Mitte des alltäglichen Lebens einer Stadt. „Stolpersteine“ ist ein Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig, der diese Steine erstmals im Jahr 1996 in Berlin-Kreuzberg verlegte. Nur im übertragenden Sinne „stolpert“ man über diese „Spuren“ der Geschichte.
Im Dezember 2006 beschloss der Rat der Friedensstadt Osnabrück das Projekt auch in Osnabrück zu realisieren und beauftragte die Verwaltung, einen Vorschlag für die Umsetzung des Projektes „Stolpersteine“ unter Einbeziehung der Bürgerschaft zu erarbeiten. Am 15. November 2007 wurden die ersten Stolpersteine in Osnabrück verlegt. Inzwischen sind gut 200 solcher Stolpersteine im gesamten Stadtgebiet zu finden.
Mit den „Stolpersteinen“ wird in Osnabrück an die einzelnen Bürgerinnen und Bürger erinnert, die Opfer des NS-Regimes wurden. Sie waren unsere Nachbarn und in unserer Nachbarschaft wird ihrer gedacht.
Nach einer pandemiebedingten Pause im vergangenen Schuljahr wurde nun die Tradition des Rundgangs wiederbelebt. Zum Start ging es zum Standort der Alten Synagoge in der gleichnamigen Straße. Auf der Freifläche hinter dem Gebäude der alten Bezirksregierung stand einst das jüdische Gotteshaus. Heute erinnert ein Mahnmal an den Standort und die im Rahmen der Novemberpogrome verfolgten Bürger jüdischen Bekenntnisses.
Im Anschluss erkundeten die Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen jeweils einzelne Stolpersteine, beschäftigten sich mit dem Schicksal derjenigen Osnabrücker Bürger, derer gedacht wird und befragten Passanten, was sie von den Stolpersteinen halten. Der Großteil der an der Umfrage teilnehmenden Bürger äußerte sich positiv zu den Stolpersteinen, einzeln kam aber auch Kritik auf, zum Beispiel, dass die Gedenkplatten zu klein sind, schnell übersehen werden oder auf ihnen herumgetrampelt werde.
In der Abschlussrunde im „Haus der Jugend“ wurden die Ergebnisse ausgewertet und auch Bezug genommen auf die im März 2022 anstehende Abschlussfahrt nach München. Die Stadt München entschloss sich einst gegen die Verlegung von Stolpersteinen und setzt stattdessen zur Erinnerung an die von den Nationalsozialisten verfolgten Mitbürger auf Stelen als Gedenkorte.
Die Alexanderschule bedankt sich insbesondere beim Osnabrücker „Haus der Jugend“ für die schnelle und unbürokratische Bereitstellung eines Raums für die gemeinsame Auswertung der Arbeitsergebnisse!