Pressebericht aus der NOZ vom 16.11.13:
Schüler schnuppern Arbeitsluft
Berufsorientierungswoche der Handwerkskammer

Bei der Berufsorientierungswoche der HWK können Schüler in verschiedene Berufe reinschnuppern. Foto: Klaus Lindemann
Osnabrück. An den Drehmaschinen fallen Metallspäne, an den Friseurstühlen Haare. Doch in den Werkstätten des Berufsbildungs- und Technologiezentrum (BTZ) der Handwerkskammer standen in dieser Woche keine Auszubildenden. 190 Haupt- und Realschüler aus dem Raum Osnabrück lernten stattdessen in einer Berufsorientierungswoche unterschiedliche Handwerksberufe kennen. Doch auch die Kammer selbst will von der Projektwoche profitieren.
Unter den Dachbegriff „Handwerk“ fallen mehr als 120 unterschiedliche Berufe. Entsprechend schwer fällt es Schülern, ihre beruflichen Alternativen zu überblicken. Was genau macht ein Tischler oder Metallbauer? Berufe wie Feinwerkmechaniker oder Betonbauer führen noch schneller an die Grenzen des Vorstellungsvermögens. Andere Jugendliche haben vielleicht schon eine Berufsidee, sind sich aber noch unsicher mit ihrer Wahl. Durch Praxiseinblicke soll die Berufsorientierungswoche in der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim Abhilfe schaffen.
„Bei uns können die Schüler unter betriebsnahen Bedingungen ihren Wunschberuf selbst ausüben und so besser kennenlernen – und das unter Anleitung erfahrener Lehrwerkmeister“, erklärt der stellvertretende BTZ-Leiter Reinhard Diestelkämper das Konzept. Zweimal im Jahr öffnet die Handwerkskammer dafür ihre Werkstatttüren.
Um die Neunt- und Zehntklässler – neben den verpflichtenden Berufspraktika – noch mehr Praxisluft schnuppern zu lassen, haben Schulen wie die Ratsschule Melle, die Alexanderschule Wallenhorst oder die Hauptschule Innenstadt die Handwerkskammer mit der Durchführung der Maßnahme beauftragt. Bezahlt wird die Schnupperwoche von der Stadt Osnabrück, der Maßarbeit und der Bundesagentur für Arbeit.
An der Werkbank der Feinwerkmechaniker steht auch Mirko Jennebach von der Alexanderschule in Wallenhorst. Schon im Praktikum hat er mit Metall gearbeitet. Die Woche im BTZ soll ihm Sicherheit in Bezug auf seine Berufswahl geben. Dafür kommt er jeden Morgen um 8 Uhr. Feierabend ist um 16 Uhr – fast wie in einer realen Betriebswerkstatt. In der Zwischenzeit wird eifrig gefräst und gebohrt. Das Ziel: Jeder soll zum Wochenende eine kleine Metalllokomotive gebaut haben.
Einige Flure weiter frisieren in der gleichen Zeit Schulkameraden Plastikköpfe oder mischen Farben, um Übungswände zu streichen. „Besonders der Beruf des Malers ist für Mädchen heute sehr attraktiv geworden“, hebt Diestelkämper hervor.
Bei den Schülern sei ein positiver Effekt spürbar, erklärt Lehrer Günter Brinkmann von der Alexanderschule. Zwar wolle nicht jeder Schüler danach ins Handwerk, doch selbst wenn ein Beruf ausgeschlossen werden könne, sei das schon ein Erfolg. „Das ist ja auch eine Art der Berufsfindung.“ Vorab ist jedoch gesiebt worden: Nur wer eine ausreichende Motivation für einen Handwerksberuf gezeigt habe, sei in die BTZ-Werkstätten geschickt worden.
Profitieren will von der Woche auch die Handwerkskammer selbst. „Langsam kommen die geburtenschwachen Jahrgänge, und die Betriebe finden schwieriger Nachwuchs“, weiß Diestelkämper. Hier will die Kammer mit Werbung in eigener Sache gegensteuern: „Wir wollen für das Handwerk begeistern.“ Gymnasiasten tummeln sich übrigens keine auf den Kammerfluren. „Das Handwerk kommt an Abiturienten noch nicht so ran, wie wir uns das wünschen“, erklärt Diestelkämper. Deren Ziel sei zunächst einmal das Studium. Zudem gebe es solche Praxistage wie nun an den Haupt- und Realschulen an Gymnasien noch nicht.
Damit die Schüler potenziellen Arbeitgebern auch etwas vorweisen können, benoten die Meister ihre motorischen oder sozialen Fähigkeiten zum Ende. Das Zeugnis könne, so Diestelkämper, bei einer Bewerbung ein wichtiger „Türöffner“ sein.